Das 7. Rostocker Psychiatrieforum
Das 7. Rostocker Psychiatrieforum wurde gemeinsam von der trialogisch besetzten Vorbereitungsgruppe und dem Netzwerk Frühe Hilfen organisiert. Trialogisch bedeutet in diesem Zusammenhang, dass Psychiatrie-Erfahrene, Angehörigenvertreter und Professionelle zusammen auf Augenhöhe die Veranstaltung vorbereiteten und durchführten. Auch unser Verein EX-IN Mecklenburg-Vorpommern e.V. beteiligte sich an diesem 2. Mai 2019.
Die Veranstaltung widmete sich vormittags in Fachvorträgen den psychischen Erkrankungen in der Familie. Die EX-Inlerin Gabi Pertus (Journalistin und Autorin) interviewte den EX-IN Christian Kaiser. Er erlebte in der Familie, wie seine Mutter an Depressionen erkrankte. Auch seine Mutter kam zu Wort. Gabi Pertus hatte in ihrem Buch: „AusWege finden – Kinder psychisch kranker Eltern“ viele Erfahrungen von inzwischen Erwachsenen.
Am Nachmittag luden die Veranstalter zu vielfältigen Workshops ein, die einen Austausch und eine Diskussion zu unterschiedlichsten Aspekten ermöglichten. Somit war das 7. Psychiatrieforum eine Fortsetzung des 2017 stattgefundenen 4. stadtweiten Fachtreffens „Wie können wir psychisch belastete / erkrankte Eltern stärken?“.
Eltern mit psychischen Problemen fühlen sich häufig mit der Erziehung überfordert, haben Angst, sich zu öffnen und Hilfe zu suchen. Sie wollen in ihrer Elternschaft anerkannt und unterstützt werden, damit sie nicht in eine neue Krise geraten. Allerdings scheuen sich auch einige Eltern, Hilfe anzunehmen.
Wie geht es Kindern von psychisch kranken Eltern?
Für Kinder ist es eine große Belastung, wenn die Eltern an einer seelischen Störung leiden. So leiden nicht nur die Eltern, sondern auch die Kinder. Die Krankheitsfolgen haben in vielen Fällen Auswirkungen auf die gesamte Familie. Kinder erleben Angst, Überforderung, Ärger, Schuld- und Schamgefühle. Sie erhalten keine Antworten auf ihre Fragen. Sind sie Schuld daran? Werden ihre Eltern wieder gesund? Was ist eine psychische Krankheit überhaupt? Die betroffenen Kinder haben ein deutlich erhöhtes Risiko, später selbst zu erkranken.
Kinder brauchen Aufklärung und Begleitung in ihrer schwierigen Situation. Eltern benötigen Unterstützung und Entlastung. Erforderlich ist eine Hilfe, die sich an das ganze Familiensystem wendet.
Entsprechend ausgerichtete Hilfen und Netzwerke können die Chancen dieser Kinder deutlich verbessern, als Erwachsene später selbst ein normales Leben zu führen.
Psychische Erkrankungen in der Familie finden bundesweit immer mehr Aufmerksamkeit
Das Thema „Kinder psychisch und suchtkranker Eltern“ hat in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen. So beschäftigten sich in den vergangenen Jahren zahlreiche wissenschaftliche Forschungen mit der Lebenssituation und dem erhöhten Erkrankungsrisiko der betroffenen Kinder. Wichtig in der Beurteilung, inwieweit die psychischen Erkrankungen der Eltern oder eines Elternteiles gravierende Folgen auf die Kinder haben, war die Frage nach den Versorgungsansätzen und von bedarfsgerechten Hilfsangeboten.
So bildete die Bundesregierung eine Arbeitsgruppe zu diesem Thema und verband in ihr Fachleute aus verschiedenen Fachebenen. Die daraus gefertigten Gutachten gaben einen Einblick in die bundesweite Situation von Kinder-und Jugendlichen mit mindestens einem erkranktem Elternteil. Ergebnis war auch, dass die Hilfs-und Unterstützungsangebote in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich umgesetzt werden. Oft fehlen in der Praxis bedarfsgerechte, flächendeckende Unterstützungsangebote oder werden unzureichend in Anspruch genommen, Gründe dafür gibt es verschiedene.
Das Projekt „Hilfen für Kinder und Jugendliche aus psychisch- und / oder suchtbelasteten Familien des Landesverbandes Sozialpsychiatrie Mecklenburg-Vorpommern e.V.
Auf Grund dieser Erkenntnisse entstand das Projekt des Landesverbandes Sozialpsychiatrie e.V. mit Unterstützung der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern und weiterer Partner. Ein wichtiges Ziel dieses Projektes ist es zu erfahren, wie die Struktur der Hilfen in unserem Land aufgestellt sind und inwieweit sie schon abgestimmt und vernetzt arbeiten. Aber auch die Frage, wie gut Hilfen bekannt und angenommen werden, welche Stigmatisierungen im Weg stehen und wie zugänglich sie für die Betroffenen sind.
Ein weiteres wichtiges Ziel ist die Arbeit an einem Fortbildungskonzept, in das Erkenntnisse aus der Praxis einfließen sollen um auch dieses Thema mehr in den Vordergrund von Weiterbildung zu rücken. Hier tauschen praxiserfahrene Akteure aus unterschiedlichen Bereichen und von Kooperationspartnern Erfahrungen aus. In der Folge soll daraus ein Konzept entwickelt werden, dass in die Weiterbildung verschiedenster Berufs-und anderer Personengruppen einfließen kann. Hier ist an medizinisches Personal, Beratungsstellen, Kinder-und Jugendvereine und weitere gedacht.
Oberstes Ziel dieses Projektes ist es also, das Thema mehr in den Vordergrund zu rücken, den Blick dafür in der Gesellschaft zu schärfen, Hilfen sichtbar zu machen, zu ergänzen und zu vernetzen.