Psychische Erkrankungen sind in der Bevölkerung noch immer Scham behaftet. Es wird nicht gern darüber gesprochen und oftmals werden Menschen mit psychischen Problemen ausgegrenzt. Man macht sich über sie lustig oder gibt „kluge Ratschläge“. Dieses Problem lässt sich unter dem Begriff Stigmatisierung zusammenfassen. Manchmal wird es sogar als „zweite Krankheit“ bezeichnet.
Doch die von seelischen Leiden betroffenen Menschen wollen sich nicht damit abfinden, dass Ärzte und „Normalos“ sie als „unheilbar krank“ oder „austherapiert“ abstempeln. Aus eigener Erfahrung wissen sie: Genesung ist auch bei schweren psychischen Erkrankungen möglich. Es geht hierbei nicht um Heilung im klassischen Sinne, sondern darum trotz Erkrankung eine gute Lebensqualität zu haben. So entstand in den USA in den 1990ern die Recovery-Bewegung. Gemeinsam mit engagierten Fachleuten und Angehörigen wird sich für eine alternative Art der psychiatrischen Behandlung eingesetzt. Dabei sollte ein positiver, ganzheitlicher und gesundheitsfördernder Blick auf psychische Erkrankungen im Mittelpunkt stehen. Die Recovery-Bewegung ist eng mit der Selbsthilfe-Bewegung verwoben. Menschen mit psychischen Problemen wünschten sich eine Einbeziehung.
So wurden die Stimmen immer lauter, dass Psychiatrie-Erfahrene selbst in der Versorgung arbeiten und als Vermittler fungieren sollten. EX-IN wurde geboren. Jede Form der Unterstützung von Betroffenen durch andere Betroffene kann man als „Peer-Support“ bezeichnen. Dies bedeutet übersetzt so viel wie: „Unterstützung für Betroffene von Betroffenen“. Peer-Support ergänzt in vielen Fällen das Behandlungsteam sinnvoll, indem es die Betroffenenperspektive einbringt und so den Horizont aller Beteiligten erweitert.
EX-IN steht für Experienced Involvement, also für die „Beteiligung von Psychiatrie-Erfahrenen“. Menschen, die versuchen nach einer Qualifikation als Expert*in aus Erfahrung anderen Psychiatrie-Patient*innen zu helfen.
Die AWO-Sozialdienst Rostock gemeinnützige GmbH führte in Rostock zwischen 2012 und 2014 die ersten beiden EX-IN-Weiterbildungskurse durch. Dann wurde am 14. Oktober 2017 aus dem Netzwerk „Genesungsbegleitung M-V“ der Verein „EX-IN Mecklenburg-Vorpommern e.V.“ (EX-IN M-V e.V.) gegründet. Die wichtigste Aufgabe ist die Weiterbildung der Erfahrungsexperten im EX-IN-Kurs. Nach der AWO Rostock führte der Verein die 3. Weiterbildung 2019 bis 2020 durch.
EX-IN M-V setzt sich also folgende Zielstellungen:
- Inklusion von Menschen mit psychischen Erkrankungen unter anderem durch Teilhabe am Arbeitsleben
- Einbeziehung von Genesungsbegleiter*innen in die Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen
- Koordination und Vernetzung von regionalen EX-IN Initiativen in M-V
- Weiterbildung zum „Experten aus Erfahrung“ (EX-IN-Kurs) nach den Standards von EX-IN Deutschland e.V.
- Schulungen bei Weiterbildungsbedarfen bereits qualifizierter Genesungsbegleiter*innen.
Die genannten Ziele erreicht der Verein durch Projekte, Kurse, Informationsveranstaltungen und Tagungen.
Der Verein EX-IN M-V e.V. möchte eine Brücke zwischen den Psychiatrie-Erfahrenen, den Professionell Tätigen und den Angehörigen und Freunden seelisch gehandicapter Menschen bauen. Durch die Weiterbildung zum Erfahrungsexperten sollen endlich die Betroffenen selbst eine Stimme bekommen, die durch den Dolmetscher, den EX-INler noch lauter und klarer wird.
Die Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen sollen endlich gehört werden und die Stigmatisierung soll aufhören! Dafür ist noch viel Arbeit zu leisten und daran beteiligt sich der Verein.